Eingestellt am 6.9.24
Diese Tour habe ich im Juni 2024 zusammen mit meiner Partnerin unternommen, die auch die Fotos gemacht hat.
Nachdem wir bereits voriges Jahr in Rüdesheim eine Nacht verbracht hatten, jedoch das trübe Wetter die Sicht „vernebelte“, nutzten wir den sonnigen Samstag anfangs Juni 2024, um mit dem Zug von Königswinter über Koblenz nach Rüdesheim zu fahren.
In Neuwied stiegen wir kurzentschlossen aus und in den Regionalzug nach Richtung Wiesbaden um. Dies entpuppte sich als sehr gute Entscheidung, da ich in der DB-App nicht Rüdesheim, sondern Rüsselsheim eingegeben hatte. Vermutlich kann man auch nach Rüsselsheim fahren, muss dies aber wohl nicht unbedingt, und unseren heutigen Plänen entsprach das ja ohnehin nicht. So hatten wir als „Holzauge-sei-wachsam“ gerade noch rechtzeitig die richtige Kurve gekriegt, und der weiterführende Zug stand ohne Treppenübergang bereits auf Gleis 15 bereit, welches eine Verlängerung des uns empfangenden Gleises 1 darstellt.
Der Zug war bereits ordentlich mit einer Ausflugsgruppe aus 130 Eltern und laut Aussage einer Mutter fußballernden Kindern bevölkert, doch fanden wir noch zwei Sitzplätze. Der Geräuschpegel zeigte, dass die Kinder durchaus lebendig waren, was ja zu begrüßen ist. Nach einigen Stationen wurde es fast befremdlich still, als diese Gruppe den Zug verlassen hatte. Bisher Stehende verteilten sich nun auf den frei-gewordenen Sitzplätzen und selbst der Schaffner schien etwas zu entspannen.
Die reizvolle Bahnstrecke führt nach Koblenz wieder zurück auf das rechte („schäl“) Rheinufer, das die dort Wohnenden lieber die „Sonnenseite“ nennen. Unter Anderem kommen wir an Kaub mit der Pfalzgrafenburg vorbei, wo in Jahren mit wenig Nieder-schlägen die Rheinschifffahrt unterbrochen ist, bzw. nur der Frachtverkehr an der flachen Stelle vorbei nur in Schiffen mit sehr niedrigem Tiefgang passiert werden kann. Natürlich wird auch die Loreley passiert und viele Burgen auf den Hügeln und an den Hängen des Rheintales.
Wir fuhren durch das mit vielen Burgen versehene und wirklich sehr reizvolle Rheintal bis Rüdesheim, und ahnten bereits, dass es an der Seilbahn dort voll werden könnte. Auch ohne kickende Kinder war der Zug gut gefüllt, und weitere Reisende stiegen fast an jedem Bahnhof zu. So erfreute auch eine irgendwie vatertagsanmutende Gruppe von Jungmännern mit wummernder Musik und nicht immer tonsicherem Mitsingen freund-lich die anderen Reisenden. Sie stiegen ebenfalls in Rüdesheim aus und strebten bier-flaschenschwenkend in Richtung Rüdesheimer Seilbahn. In Rüdesheim angekommen folgten wir den dem Zug entsteigenden Massen, und fanden, diese kaum verfehlend könnend, dort eine des Gondelbesteigens harrenden Schlange. Bei entsprechender Stimmung versprach dies sicher einen interessanten Austausch mit anderen in der Sonne Wartenden, allerdings war uns nicht wirklich danach, und so beschlossen wir erneut kurzentschlossen eine Planänderung. Also: nicht wie die Meisten in Rüdesheim aufzufahren, auf der Höhe nach Assmannshausen zu wandern und dort mit dem Sessellift wieder abzufahren, sondern es gegenstromschwimmend zu versuchen.

Wir strebten wieder zum Bahnhof in Rüdesheim und tatsächlich mussten wir nicht lange warten, bis wir einen Zug gen Koblenz besteigen konnten, der uns die eine Bahnstation zurück nach Assmannshausen mitnehmen konnte.
In Rüdesheim gibt es am Bahnhof die Besonderheit, dass der Ausgang von der Wartehalle zu den Bahnsteigen geschlossen bleibt, bis sie kurz vor Zugankunft für die Reisenden geöffnet wird. Als wir auf den Bahnsteig warteten, geriet die Bahnbediens-tete in ziemliche Aufregung, da irgendein bierflaschenbewaffneter Nachwuchs-Gentle-man die Gleise ungesichert überschritt, so das der ankommende Zugführer sich nach ihren Aussagen sehr erschrocken hatte. Dieser einfahrende Zug endete allerdings außerplanmäßig hier, so dass wir auf den wenige Minuten später Eintreffenden warten mussten. Die Bahnbedienstete war nun sehr bestimmt und ließ Niemanden mehr in den vorderen Gleisbereich gehen. Auch mein Hinweis, dass ich keine Bierflasche habe, ver-mochte sie nicht zu erweichen, was nicht wirklich schlimm war. Diejenigen, die in die Gegenrichtung gen Wiesbaden reisen wollten, schickte sie rigoros wieder in die Wartehalle zurück. Gleis 1 für die Züge von Koblenz in Richtung Wiesbaden erreicht man lediglich über einen ungesicherten Übergang über die Gleise, der vom Bahn-personal bei Bedarf für Ankommende und Abreisende freigegeben werden muss.
Dann kam unser Zug und wir fuhren die eine Station bis Assmannshausen. Zunächst dachten wir, dass wir in Assmannshausen die Treppe hinab und unter den Gleisen durch zum Ausgang Richtung Rhein gehen müssten, doch gingen andere Reisende in Fahrtrichtung auf dem Bahnsteig weiter und wir folgen ihnen.
Tatsächlich befindet sich auch dort ein Ausgang auf die parallel führende Straße sowie ein Schild, dass es zur Sesselbahn nur 200 m seien. Dieser Weg führt zwar etwas hang-aufwärts, aber an einem großen und recht beeindruckenden Fachwerkhaus vorbei.
Dieses rechts passierend gelangten wir kurz darauf an eine Treppe hin zur Talstation. Leider befindet sich nur an deren linken Seite ein Geländer, für mich linksseitig Gelähm-ten beim Aufstieg also an der falschen Seite. Nach ein paar Stufen mit Gehstock an der rechten Treppenseite, wechselte ich zur Seite mit Geländer hin und ging seitwärts, mich am Geländer haltend Stufe für Stufe hoch. Das ging zwar langsam, aber bot mir mehr Sicherheitsgefühl. Allerdings scheint es nur diesen Aufstieg und keine barrierefreie Auffahrt zu geben, was für Rollstuhlfahrende schade ist.
Am oberen Ende der Treppe angekommen und leicht verschwitzt gelangten wir an einen Kartenschalter, wo ich mich zunächst erkundigte, ob auch ich den Sessellift sicher und problemlos besteigen und verlassen könne. Ja, sie hielten den Lift an und versähen den entsprechenden Sessel mit einer Kennzeichnung, damit die Bergstation das auch direkt sehe, wenn wir oben ankämen. Und so sind Ein- und Ausstieg tatsächlich für mich, aber auch für kleinere Kinder und ältere Menschen problemlos.
Nach vielleicht 15 Minuten Fahrt oben angekommen, erwartete uns ein Schild gut gekennzeichneten Wegen nach Rüdesheim durch ein angenehm schattiges Waldgebiet, den „Oststeinschen Niederwald“.

Der gut 3 km weite, gut befestigte und meist angenehm schattige Weg bietet unter-wegs noch einige Besonderheiten, wie einen Wildpark mit Rehen direkt hinter der Bergstation.
Die wummermusikbewehrte Jungmännergruppe kommt uns bereits hier entgegen, so dass wir uns über ihre Schnelligkeit wundern, und uns fragen, ob sie statt wegverlängernder und akloholgeschuldeter Schlangenlinie doch eher eine Abkürzung genommen haben?
Unser Weg führte uns u.a. über einen Aussichtspunkt der „Burgruine Ehrenfels“, von dem man die Nahemündung sehen kann,


Oder die „Eremitage“:


sowie die Zauberhöhle.



Der Hauptstrom der Wandernden kam uns entgegen, da sie den „üblichen“ Weg in Rüdesheim auf- und in Assmannshausen abfahrend nahmen. Einige wanderten mit Bollerwagen mit oder ohne Kinder. Andere mit weißweingefüllten Gläsern, was uns doch als etwas unpraktisch erschien. Auch gab es jüngere Zeitgenossen, die bade-mantelbekleidet (gerade nach durchzechter Nacht dem Bett entsprungen?) fort-schreiten, und andere mit gruppenbedruckten T-Shirts (Junggesellenabschied?). Einige übertönen das sicherlich störend-betörende Vogelgezwitscher mit gut hörbaren, mit-geführten Wummerklängen. Die Eindrücke, nicht nur der Natur, waren also vielfältig, und für uns zum Teil ein wenig befremdlich. Aber wir leben in einem freien Land und somit jedem/r das Seine/Ihre. Sicher könnte dies eher als Ausdruck der „deutschen ‚Leitkultur“ gesehen werden, als unser links- und rechts die visuellen Eindrücke, die Klänge und Düfte wahrnehmendes und behindertes „Walddurchschleichen“?
So sahen wir an mehreren Stellen eine Blume, die viele Namen hat, u.a. „roter Fingerhut“ und „Unserer-lieben-Frauen-Handschuh“

Am Ende der Wegstrecke erwartete uns die gut 38 m hohe Germania, Teil des geschichtsträchtigen Niederwalddenkmal mit erläuternden Schrifttafeln, die Aufschluss über die wechselhafte Bedeutung insbesondere im deutsch-französischen Verhältnis gibt.

Die Überwindung dieser „Erbfeindschaft“ möge sowohl die Wichtigkeit des vereinten Europas den Skeptischen näherbringen, als auch Hoffnung für den ein oder anderen heutigen Konflikt geben.
In der Bergstation oberhalb Rüdesheims ist auch eine Behindertentoilette verfügbar, die vom Bedienpersonal gerne für entsprechend Bedürftige geöffnet wird. An der Talstation gibt es einen Aufzug, so dass die Fahrt einigermaßen barrierefrei durchgeführt werden kann. Auch die Gondelkabinen für je 2 sich gegenübersitzende Passagiere fahren an Berg- wie Talstation so langsam, dass die Fahrt auch für ältere oder gehbehinderte Reisende gut möglich ist. An der Talstation und zur Fußgängerzone der Stadt Rüdesheim hin, führen sowohl Treppen als auch rollstuhl- oder kinderwagenbefahrbare schräge Wege.


Der Ausblick war heute wunderschön. An der Talstation erklärte uns ein reichlich über-motivierter Reiseführer freundlich den Weg zum Bahnhof, obwohl wir nicht danach gefragt hatten und auch ihm zu vermitteln versuchten, dass wir den Weg kennen. Nun ja, es gibt Schlimmeres als gut meinende hilfsbereite Mitmenschen.
Für zur Klaustrophobie neigende oder gleichgewichtsbeeinträchtigte Reisende sei allerdings erwähnt, dass die Rüdesheimer Fußgängerzone und Innenstadt an schönen Tagen doch recht dichtgedrängt anzufinden ist.
Die Rückfahrt mit dem Zug über Neuwied zurück zum Drachenfuß war ruhig und problemlos, so dass wir hiermit unseren Tagesausflug angenehm zu Ende bringen konnten.


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